Ergebnisse
Unfallstatistiken der Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) ergaben, dass ehrenamtlich und hauptberuflich tätige Rettungskräfte einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt sind. Dies spiegelt sich in den beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) seit 2011 kontinuierlich steigenden Unfallzahlen wider. Zum Teil resultieren das erhöhte Unfallrisiko und Unfallaufkommen aus der Art der Tätigkeit als Rettungskraft in Extremsituationen. Eine weitere Ursache liegt aber auch in der Wahrnehmung möglicher Risiken und dem damit verbundenen Sicherheitsverhalten der Mitarbeiter (vgl. Anhang 6.1.). Bei dem Projekt „Behavior Based Safety (BBS) – Sicheres Verhalten bei Rettungskräften“ handelt es sich um ein durch die UVB initiiertes Forschungsprojekt, bei dem vor dem Hintergrund der DGUV-Kampagne „Kultur der Prävention“ verhaltensanalytische Methoden von Behavior Based Safety (BBS) auf die Arbeit von Rettungskräften in ausgewählten Betrieben des DRK übertragen und angepasst wurden. Der wissenschaftliche Hintergrund des Projekts ist BBS, eine Sammlung von Methoden, die den Zweck verfolgen, sichere Arbeitsgewohnheiten zu erreichen. Letztlich soll damit die Zahl der Arbeitsunfälle reduziert werden. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt durch die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS), welche als Umsetzungspartner und Auftragnehmer fungierte. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde eine den Gegebenheiten der Rettungswachen angepasste Checkliste mit sicheren Verhaltensweisen und Verhaltensprodukten (Verhaltensergebnissen) entwickelt. Mit Hilfe dieser Checkliste wurde das Sicherheitsniveau in zwei ausgewählten Betrieben des DRK beobachtet und bewertet. Im Anschluss an die Basisratenerhebung beinhaltete die Phase 1 des Projekts neben einer Aufgabenklarstellung (task clarification) auch den Einsatz von verbalem und grafischem Feedback. Damit sollte das sicherheitsrelevante Verhalten der Mitarbeiter verändert werden. Bei dem verwendeten Forschungsdesign handelt es sich um ein Multiple-Baseline-Design, d. h. die Intervention wurde zeitlich gestaffelt über die beiden Rettungswachen eingeführt. Die Darstellung der gewonnenen Ergebnisse erfolgt in Form von Liniengrafiken, deren Daten mittels visueller Analyse ausgewertet wurden. Die erhobenen Daten der Basisratenbeobachtungen ergaben, dass der relative Anteil sicheren Verhaltens für alle Punkte der Checkliste bei einer der Rettungswachen 52,10 % bei der anderen Rettungswache 56,82 % betrug. Der Fortgang des Projekts war aufgrund der vorgesehenen Beobachtungen im direkten Arbeitsumfeld der Mitarbeiter der Rettungswachen von den Einschränkungen aufgrund der COVID19-Pandemie beeinträchtigt, weshalb die Verhaltensbeobachtungen von März bis Juni 2020 ausgesetzt wurden. Der weitere Projektverlauf wurde hierfür entsprechend angepasst, was in einer Verkürzung der Phase 1 (Interventionsphase) der Datenerhebung resultierte. Die erhobenen Daten der Interventionsphase ergaben, dass sich der relative Anteil sicheren Verhaltens für alle Punkte der Checkliste, unter dem Einsatz der BBS-Intervention, bei einer der Rettungswachen von 52,10 % auf 76,05 % bei der anderen Rettungswache von 56,82 % auf 76,23 % erhöht hat. In der ab November 2020 beginnenden Phase 2 wurden die Funktionen des Beobachtens von sicherem Verhalten und des Feedbackgebens von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst übernommen, um so eine Verstetigung und Verselbständigung der BBS-Maßnahmen und der damit erreichten Verhaltensänderungen zu erreichen. Beobachtungen durch Externe waren allerdings, aufgrund der Pandemie, wiederum von November 2020 bis Juni 2021 nicht möglich. Die im Zeitraum Juli und August 2021 abschließenden Follow-Up-Beobachtungen ergaben, dass die erreichten Verhaltensänderungen (ohne weiteren Interventionseinfluss) anscheinend aufrechterhalten werden konnten.
Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass BBS nach entsprechend individueller Anpassung erfolgreich auf den Bereich des Rettungsdienstes übertragen werden konnte. Voraussetzung für eine erfolgreiche Übertragung ist, dass die Verhaltensbeobachtungen und das Feedback-Geben zuverlässig durchgeführt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass BBS im Bereich des Rettungswesens selbstständig durchführbar ist, die Verstetigung und Verselbständigung der BBS-Maßnahme jedoch stark von dem Vorliegen bestimmter Begebenheiten, u. a. der Einbindung der Beschäftigten in den Rettungswachen in Entscheidungsprozesse und dem aktiven Committment der Leitung, abhängt.
Den Abschlussbericht des Forschungsprojekts finden Sie hier.