Auszug der 6. Menschenrechtswoche
Mauern, Migration und Menschen standen im Fokus der „6. Menschenrechtswoche 2019“ an der FHWS
Die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) lud ein zur 6. Menschenrechtswoche. Anlass war der 10. Dezember 1948, der Tag, an dem die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedeten. 16 Vorträge und Veranstaltungen sowie ein Film wurden in deutscher und englischer Sprache zur Information und Diskussion für Studierende, Dozenten und interessierte Gäste angeboten. Diese reichten vom „Tag der Psychiatrie“ über die Seenotrettung, eine Filmvorführung zur Fürsorgeerziehung der Jahre 1950 bis 1975 über Erlebnisse von Masterstudierenden im griechischen Flüchtlingscamp Moria bis hin zu Vertonungen der Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948.
Professorin Dr. Hannah Reich stellte den ersten Referenten der 6. Menschenrechtswoche vor, Ruben Neugebauer, Mitbegründer der Sea-Watch e.V., zivile Seenotrettung von Flüchtenden, Berlin. Er zeigte im Vortrag „Seenotrettung“ die Entwicklung des Vereins ab 2015 auf, dessen Tätigkeitsbereiche und Herausforderungen. Als „Menschenrechts-Fundamentalist“ denke er konservativ und wolle sich an Gesetze und Konventionen halten, gerade auch Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ sei für ihn handlungsleitend. Aktionen wie die Seenotrettung generell und die Vorkommnisse im Sommer 2019 speziell mit der Kapitänin Carola Rackete, die mit der „Sea-Watch 3“ aus Libyen kommende Flüchtlinge aus Seenot rettete, zeigten auf, dass Mauern gegen Migration keine Lösung seien. Seenotrettung sei eine nur Symptombekämpfung – vielmehr sei hier die Politik gefragt.
Dr. Christine Schweizer vom Bund für Soziale Verteidigung, Minden, hielt einen Vortrag über „unarmed civilian protection“ – unbewaffneten zivilen Schutz von Menschen (meist Zivilisten) durch andere Zivilisten, das sogenannte „Zivile Peace-Keeping“. Der Einsatz bleibe bis heute bestehen: sowohl durch kurzfristige Einsätze von sogenannten „Peace Teams“ im In- und Ausland, als auch längerfristige internationale sowohl nationale Präsenzeinsätze in Hotspot-Gebieten verschiedener Länder. Die Erfahrung zeige, dass ziviles „Peace-Keeping“ erfolgreich sei. Es schaffe Raum sowohl für Frieden, als auch Menschenrechtsarbeit lokaler Akteure. Die wichtigsten Aufgabenfelder seien dabei z.B. die Arbeit in Flüchtlingscamps, bei der Gewalt in Jugend-Gangs oder Gewalt gegen Frauen vorgebeugt werde, sowie das Monitoring von Waffenstillständen, die Präsenz bei gefährdeten Orten und das öffentliche Eintreten für Anliegen und Probleme, die beobachtet wurden.
Durch den Film „KOPF HERZ TISCH³ - Die psychiatrisierte Kindheit. Die Rolle der Medizin in der Fürsorgeerziehung von 1950 – 1975“ von Sonja Toepfer wurde dargestellt, welche Maßnahmen in der Fürsorge seinerzeit ergriffen wurden. In die Einrichtungen wurden Kinder beispielsweise aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten oder Leistungsschwächen verbracht. Die Annahme, dass diese Verhaltensauffälligkeiten durch Hirnstörungen, also biologisch zu begründen seien, führte dazu, dass ihnen Entwicklungspotential abgesprochen wurde - eine angemessene Förderung der Kinder blieb aus. Die herabwürdigende Wortwahl bestimmte nicht nur den Lebensweg des Kindes in der Einrichtung, sondern hatte soziale Stigmatisierung zur Folge. Auch in der Medikamentengabe sei es zu verantwortungslosem Verhalten gekommen. Viele Kinder wurden in einen sedierten, gedämpften Zustand versetzt. Die Vergabe der Medikamente habe teilweise zu bleibenden Schäden geführt, für die bis heute Betroffene vor Gericht gehen, um Schadensersatz einzuklagen.
Der „2. Tag der Psychiatrie“ im Rahmen der Menschenrechtswoche stand unter der großen herausfordernden Frage, ob und wie die Beendigung von Zwang in der Psychiatrie gelingen könne. In drei Vorträgen wurde diese Frage aus unterschiedlichen Perspektiven behandelt.
Professorin Dr. Tanja Henking, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Expertin im Medizinrecht, referierte über die „Beendigung von Zwang in der Psychiatrie: Aktuelle ethische und rechtliche Fragen zum Umgang mit Zwang in der Psychiatrie“. Damit stand die Frage im Raum, ob und wie eine Psychiatrie als Hilfesystem ohne Zwang ausgestaltet werden kann. Als komplexen Themenbereich diskutierte Henking das Thema Zwangsbehandlung und ging dabei von den höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelungsvollzug aus und diskutierte dieses Thema vor allem für den Bereich der Allgemeinpsychiatrie. Die Absicherung einer Zwangsbehandlung als letztes Mittel stand dabei im Fokus. Außerdem wurde ein zweites komplexes Thema angesprochen: das der Fixierung und der Freiheitsentziehung, wobei es zu dem Ergebnis kam, dass jeder Fall der Fixierung einen Freiheitsentzug darstellt, weshalb als Folge ein richterlicher Vorbehalt Grundlage einer solcher Freiheitentziehung ist, sofern die Fixierung eine kurzfristige Dauer (max. 30 Minuten) übersteigt. Dafür würde eine 1:1–Betreuung benötigt werden, die laut Henking nicht verhandelbar sei. Abschließend zeigte die Referentin alternative Handlungsmöglichkeiten auf und stellte die S3-Leitlinien „Verhinderung von Zwang“ vor, an dessen Erstellung sie mitgewirkt hatte. Diese stellen eine systematische, evidenzbasierte Entscheidungsleitline zur Prävention von Zwangsbehandlungen und -maßnahmen dar und schaffen allgemeine Rahmenbedingungen für Psychiatrien.
Menschen, die im Gesundheits- oder sozialen Bereich arbeiten, sehen sich oftmals aggressivem Verhalten und Gewalt konfrontiert. Gernot Walter, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie und leitende Pflegekraft in der Klinik Groß-Umstadt, gab Einblicke in die Entstehung von „Gewalt und Aggression im Gesundheits- und Sozialwesen mit besonderem Fokus auf die Psychiatrie“ und bot Anregungen zur Problemlösung. Unter „Aggression“ seien Verhaltensweisen zu verstehen, die eine Bedrohung oder Schadenserzeugung als Ziel hätten, zu ihnen zähle auch die Unterlassung. Einrichtungen wie Psychiatrien seien Orte, in denen sich Menschen in einem Ausnahmezustand befänden. Zeitgleich zur Eskalation nähmen die Fähigkeiten, Signale aus der Umwelt wahrzunehmen und weiterzuverarbeiten, ab. Aggressionen entstünden vordergründig in Interaktionen. Gewalt sei Ausdruck innerer Not, habe immer eine Geschichte und Ursachen. Neben der Nachbesprechung mit der aggressiven Person sei auch eine Nachbetreuung des Opfers, Patienten oder Personal, zu berücksichtigen. Die Konfrontation mit aggressivem Verhalten stelle oft ein Trauma da, das Zeit zur Verarbeitung benötige.
Einen ungewöhnlichen Zugang zu Menschenrechten bot der Duisburger Komponist Axel Chr. Schullz mit seiner Veranstaltung „Sing Human Rights“. Angetreten mit dem Ziel, Werte zu vermitteln, vertonte Schullz im Jahre 2009 die Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und probierte seine Vertonungen mit dem Chor aus – erfolgreich: Rund sechzig Teilnehmer stimmten die Lieder als Chor, teils mehrstimmig mit Klavierbegleitung an. Durch die Kopplung von Text und Musik seien die insgesamt dreißig Artikel positiv besetzt, sie erreichten die Menschen über einen emotionalen, nicht juristischen oder politischen Zugang. Schullz: „Einen gesungenen Text behält man viel besser im Gedächtnis als gesprochene Worte. Und je mehr Menschen ihre Rechte kennen, desto mehr Menschen werden ihre Rechte auch einfordern. Und wenn mehr Menschen ihre Menschenrechte einfordern, wird diese Welt hoffentlich ein besserer Ort.“
Professorin Dr. Michelle Becka, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, diskutierte die „Menschenrechte - normative Orientierungen in der ethischen Fallreflexion“ im Rahmen von ethischen Fragen im Justizvollzug. Als Ausganssituation erläuterte sie den Zusammenhang von Freiheitsentzug im Strafvollzug und dem Ziel der Resozialisierung. Ethikkomitees im Justizvollzug stellten die Frage nach den sozialen Problemen. Um diese beantworten zu können, stellte Becka einen Leitfaden vor. In diesem stellte sie die Herausforderung vom Dialog während der Klärung der Ausganslage zum Diskurs in der ethischen Reflexion bis hin zum Ergebnis und zur Empfehlung dar Außerdem gab sie einen Eindruck der „normativen Orientierungen“, mit denen sich Ethik im Justizvollzug beschäftige, wie die Menschenwürde, die praktische Umsetzung der Resozialisierung und die Menschen- bzw. Grundrechte. Es stelle sich grundsätzlich die Fragen: „Was steht hier eigentlich auf dem Spiel?“ und „Wie geht man damit um?“
„Rote Linie ziehen in der Sozialen Arbeit - eine Berufsethik wird konkret.“: Diese Haltung, die hinter Handlungen einer Berufspraxis stehe, verwandle einen Beruf in eine Profession. Hier biete die Berufsethik eine Orientierung. Einen Einblick gab Michael Leinenbach, Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit, Berlin: Sie sei ein Werterahmen, in dem das Denken und Handeln erfolgen könne. Aus den erarbeiteten obersten Prinzipien ließen sich Maximen für die Praxis ableiten. Beispiele seien die allgemeinen Vorgaben in denen u.a. ein Studium vorausgesetzt werde, ebenso das Handeln im eigenen beruflichen Arbeitsfeld, in dem auf den Umgang mit Machtverhältnissen eingegangen werde, sowie das Handeln gegenüber Menschen, Berufskollegen, Arbeitgebern und während öffentlicher Auftritte. Sollte sich im Rahmen von Entscheidungsprozessen ein Dilemma ergeben, könne der ethische Diskurs mit Kollegen helfen, Handlungsmöglichkeiten zu sammeln, wobei sich Lösungen und eine neue Zielsetzung ergeben könnten.
Dr. Imke Schmincke, Institut für Soziologie der LMU München, betrachtete in ihrem Vortrag „Attacken gegen Gender, Sex und Vielfalt. Wandel und Aktualität des Antifeminismus“ gegenwärtige Strömungen, die sich gegen die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung aller Menschen richten. Im Fokus standen vor allem die Partei „Alternative für Deutschland“ und der Verein „Demo für alle“, die sich gegen die Ehe für alle aussprechen und Begriffe wie „Gender-Gaga“ oder „Gender-Wahnsinn“ prägten. Dabei beleuchtete Schmincke, wie die Sexualpädagogik skandalisiert und dramatisiert werde, um eine rechtspopulistische Familienpolitik zu propagieren. Diese diene als strategisches Bindemittel rechtspopulistischer Themen und zur Mobilisierung von Gefühlen im Sinne eigener politischer Vorstellungen. Widersprüchliche Argumentationen wurden aufgezeigt und dargestellt, wie die Rechte von „Regenbogenfamilien“ zugunsten rechtpopulistischer Motive weichen sollen.
Dr. Florian Daxer, Bürgerhospital und Clementine, Kinderhospital gGmbH, Frankfurt am Main, stellte die „Geschlechtsinkongruenz und Transidentität im Kindes- und Jugendalter“ vor (Geschlechtsinkongruenz: Geschlechtsidentitätserleben stimmt nicht mit den Geschlechtsmerkmalen des Körpers überein). Genderdiversität, also die Anerkennung und Förderung geschlechtlicher Parität, sei keine Modeerscheinung. Durch medizinische Fortschritte sei inzwischen eine Anpassung an das gewünschte Geschlecht möglich. Leichtfertig würden diese Eingriffe nicht vorgenommen werden, so der Referent: Zu erfüllende Kriterien seien u.a. der dringende, anhaltende Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören und parallel das Unbehagen über das eigene Geschlecht. Zusätzlich durchlaufen die Menschen eine psychotherapeutische Begleitung mit einer Alltagserprobung, um die Ergebnisse eines möglichen Eingriffs zu testen. Dies werde für die Genehmigung durch die Krankenkassen vorausgesetzt. Das abweichende äußere Erscheinungsbild könne eine Belastung darstellen mit möglichen Begleiterkrankungen wie Depressionen oder (sozialen) Ängsten, die sich nach einem Eingriff verlieren könnten.
Viola Kunkel, Gebärdensprachdozentin des DGS-Cafés, referierte zum Thema „Die Behindertenrechtskonvention - die Rechte tauber Menschen“. Taub von Geburt an, wünsche sie sich Akzeptanz und Aufmerksamkeit für die Gebärdensprache. Sie zeigte/veranschaulichte/illustrierte anhand von Zitaten tauber Menschen, dass diese alles tun könnten, wozu hörende Menschen fähig seien. Wichtig war ihr der Sprachgebrauch: Anstatt „gehörlose“ solle man lieber „taube“ bzw. „visuelle“ Menschen wählen. Kunkel betonte die Wichtigkeit der Gebärdensprache als Muttersprache. Taube Menschen sollten vor der deutschen Laut– und Schriftsprache die Deutsche Gebärdensprache (DGS) lernen, um sich vollständig ausdrücken zu können. Bilingualer Unterricht an Schulen sei im Zuge der Inklusion die einzige Möglichkeit, um auch hörende Menschen an die DGS heranzuführen. Über „Peerberatungen“ könnten taube Menschen weitere taube Menschen beraten. Zum Abschluss zeigte die Referentin Filmbeiträge von den Erfahrungen und Erwartungen tauber Menschen.
Dr. Jakov Gather, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der LWL Klinik Bochum und Mitarbeiter am Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Ruhr Universität Bochum, diskutierte das Thema „Offene Türen in Psychiatrien“. Hierbei stellte er mehrere Zukunftsszenarien vor: Keine Unterbringung für psychisch erkrankte Menschen – d.h. der vollständige Verzicht auf Zwang in der Psychiatrie; die „Offene Psychiatrie“ – bzw. „Offene Unterbringungsform“ und die „Geschlossene Unterbringung auf psychiatrischen Intensivstationen“. Gather erläuterte, dass in Deutschland ca. zehn Prozent aller stationären psychiatrischen Behandlungen Unterbringungen seien. Gleichzeitig zeigte er am Beispiel der offenen Unterbringungsformen wie in der Klinik in Herne auf, dass wesentlich niedrigere Unterbringungsquoten in psychiatrischen Kliniken möglich seien. Zum zweiten Szenario – der offenen Unterbringungsform – diskutierte der Referent konzeptionelle und ethische Fragen. Er stellte u.a. Studien vor, die zeigen, dass Zwangsmaßnahmen sowie aggressive Übergriffe in offenen Unterbringungsformen nicht zunehmen oder sogar reduziert werden könnten. Abschließend diskutierte er kritisch Alternativen zur geschlossenen Tür: Möglichkeiten seien z.B. der Hinweis auf die Unterbringung und die Konsequenz, die daraus folge, die Klinik zu verlassen, außerdem die ethisch in diesem Zusammenhang problematische individuelle formelle Zwangsmaßnahme (z.B. Isolierung, Fixierung) oder die in der Praxis häufig eingesetzte intensivierte Betreuung (z.B. 1:1 Betreuung) unter Einsatz kommunikativer Mittel. Damit schloss der 2. Tag der Psychiatrie.
Philip Büttner, wissenschaftlicher Referent für soziale Fragen vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der evangelischen Kirche (KDA), sprach über „Deutschland und den UN-Sozialpakt“ als Teil der Internationalen Charta der Menschenrechte. In diesem Rahmen wurde Hartz IV als Menschenrecht-Problem besprochen: An einem Beispiel zeigte Büttner auf, dass eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind im Monat nur zehn Euro pro Tag zum Essen habe. Die KDA rief zusammen mit Gewerkschaft Verdi die No-Budget Initiative „Rechte statt Reste“ ins Leben. „Rechte statt Reste“ initiierte 2018 ein Fachhearing über Ernährungs- und Energiearmut. Die Initiative verfasste einen Parallelbericht zum Bericht der Bundesregierung über den UN-Sozialpakt. Forderungen waren z.B. die Neubestimmung und Erhöhung des Regelbedarfs für Ernährung sowie ein transparenter Prozess dieser Festlegungen, in dem Experten einbezogen werden sollten. Der UN-Sozialausschuss nahm einige Forderungen der Zivilgesellschaft in ihre Forderung an die Bundesregierung auf. Abschließend stellte der Referent dar, welche Ergebnisse durch dieses Vorgehen erreicht werden konnten. Gesellschaftlich habe sich einiges geändert. Es sei wichtig, den Sozialpakt bekannt zu machen. Interessenten könnten bei der Initiative „Rechte statt Reste“ eigene Beiträge für den neuen Parallelbericht 2020 anfügen.
Unter dem Titel „Das Mittelmeer: Die tödlichste Grenze der Welt“ leitete Professorin Dr. Tanja Kleibl ein in eine Vortragsreihe von Masterstudierenden und dem Migrationssoziologen Dr. Nikolaos Xypolytas. An der Grenze habe es im vergangenen Jahr 2018 2.299 Tote gegeben. Fünf Studentinnen des FHWS-Masterstudiengangs „International Social Work with Refugees and Migrants“ besuchten das griechische „Moria Camp“. Ausgelegt für 2.500 bis 3.000 Flüchtlinge, lebten dort aktuell 14.000 Männer, Frauen und Kinder in menschenrechtsverletzenden Bedingungen. Ziel müsse es sein, Menschen statt Grenzen zu schützen. Menschenrechte würden missachtet werden auf dem Boden der EU. Das Beispiel Moria sei keine Krise, sondern gewollte Politik. Die Studierenden erstellten ein Positionspapier mit dem Titel „Europe Respect Human Rights NOW!“.
Dr. Nikolaos Xypolytas, Universität der Ägäis, Griechenland, hielt einen ergänzenden Vortrag zu „Menschenwürde, Menschenrechte und die EU - ein Widerspruch?“ („Human dignity, human rights and the EU - a contradiction?“) Ohne diesen Widerspruch zu begreifen, sei es unmöglich, über mögliche Lösungen nachzudenken. Die Ursprünge beginnen bereits im Herkunftsland, so Xypolytas, in dem unwürdige Jobs angenommen werden würden, um zu überleben und eine Flucht zu finanzieren. Die soziale Position von Flüchtlingen im Land sei von Unterordnung und einer einzigen Aufgaben geprägt – dem Warten. Es würden Fakten geschaffen werden, in denen die Lebensbedingungen in europäischen Flüchtlingslagern schlimmer seien als diejenigen im bisherigen Leben im jeweiligen Herkunftsland. Eine mögliche Deeskalation in der Flüchtlingspolitik könne geschaffen werden, in dem Geflüchtete dezentral untergebracht werden. Der Referent forderte darüber hinaus eine Betreuung der Asylsuchenden – nicht zur Bewachung, sondern, um Menschen davor zu schützen, sich selbst zu verletzen, um ihrem inneren Schmerz zu entfliehen.
Dr. Rose Jagi, Universität von Zimbabwe, hielt einen Vortrag über Menschenrechte in Bezug auf Frauen in ihrem Heimatland Zimbabwe („Human Rights and Women in Zimbabwean Cultures“). Sie beschrieb das Land im kontinentalen Kontext, wobei sie Bezug auf Frauen und ihre politischen Rechte im vorkolonialen Afrika nahm. Frauen hätten damals oft Führungspositionen eingenommen, z.B. 1896/97 im Freiheitskrieg. Männer und Frauen spielten die gleichen Rollen in religiösen und politischen Organisationen. Generell präge die Verwandtschaft in der Linie der Väter die Kultur in Zimbabwe; die Position von Frauen in Familien wurde eher von Familienbeziehungen bestimmt als von Geschlechtern. Nach der Kolonialisierung änderte sich dies: Frauen in Zimbabwe trugen zunehmend verhüllendere Kleider im Zuge des westlich etablierten Frauenbildes. Ihren Vortrag beendete Jagi mit der Frage, wie Frauenrechte außerhalb von Afrika funktionierten, wenn sie in andere sozio-kulturelle Kontexte Afrikas überführt werden.