Miteinander etwas Neues starten!
Der diesjährige Studienschwerpunkt „Soziale Arbeit in der alternden Gesellschaft“ unter Anleitung von Prof. Dr. Theresia Wintergerst hatte die Möglichkeit, sich in den letzten Semestern vor dem Abschluss selbst in der Praxis zu engagieren. Den Studierenden wurde die Chance gegeben, an der Konzeption einer Neuerrichtung der offenen Altenhilfe mitzuarbeiten. Der Verein Caritas Sozialstation St. Gregor Fährbrück e.V. mit Sitz in Bergtheim nahe Würzburg hat bereits mit dem Neubau einer weiteren Tagespflege mit angegliedertem offenem Treffpunkt begonnen.
Ein modernes und attraktives Konzept soll für diesen Treffpunkt entwickelt werden, um das generationenübergreifende Miteinander und die Einbindung aller in das Dorfgeschehen fördern zu können. Die Studierenden durften diese Konzeptualisierung mit einer Bedarfs- und Sozialraumanalyse unterstützen. Im Zeitraum von Mai bis Oktober dieses Jahres fanden von den acht Studierenden mehrfach durchgeführte Erhebungen mit zehn ausgewählten Multiplikatoren und Multiplikatorinnen in und um Bergtheim statt, die gute Kenntnisse der lokalen Seniorenarbeit mitbrachten. Von dem Verein und den Studierenden wurde bereits frühzeitig ein Termin zur öffentlichen Präsentation der Ergebnisse aus den Befragungen vereinbart. Dieser fiel auf den Abend des 28. November 2019.
Um 18 Uhr wurde die Ergebnispräsentation in der Willi-Sauer-Halle durch den Vorstand Armin Hackl eröffnet. Insgesamt waren 27 Menschen anwesend, darunter mehrere Mitglieder des Gemeinderates. Nach der kurzen Beschreibung des Neubaus als multifunktionelle Räume für Beratung und Fortbildung sowie für Tagespflege und Treffpunkt als bedarfsorientierter Angebotserweiterung betonte Armin Hackl den Wunsch nach planerischer Zusammenarbeit zwischen der Sozialstation und der Gemeinde.
Theresia Wintergerst schloss sich mit einem detaillierten Blick auf die Zielgruppe an und beendete ihren Vortrag mit der Erkenntnis, dass Altenhilfe nur durch kooperatives Handeln gelingen könne. Hier wiederholt sich das Anliegen, die Philosophie der neuen Einrichtung in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit zu entwickeln.
Im Anschluss kamen die Studierenden zu Wort. Es wurden Überblicke zu verschiedenen Themen gegeben und entsprechende Empfehlungen präsentiert.
Hinsichtlich der Mobilität zeigte sich, dass der Großteil der BewohnerInnen Bergtheims und Umgebung entweder das eigene Auto nutzt oder sich in individuellen privaten Fahrdiensten organisiert. Öffentliche Verkehrsmittel werden weit weniger genutzt. Daraus ergaben sich die Empfehlungen nach Fahrdiensten, die zeitlich auf Angebote im Sozialraum angepasst sind sowie nach einem Gemeindebus bzw. -auto. Letzteres könnte nicht nur Raum für Ehrenämter schaffen, sondern besonders die Mobilität zwischen den Ortschaften enorm steigern.
Des Weiteren wurden die bestehenden offenen Angebote identifiziert und im gleichen Zug nach Wünschen bezüglich der Ausgestaltung gefragt. Hier stand der Wunsch nach Barrierefreiheit und guter Erreichbarkeit im Vordergrund. Neue Angebote sollten außerdem in Ergänzung zu den bereits bestehenden etabliert und auf Zeiten der öffentlichen Verkehrsmittel abgestimmt werden. Empfohlen wurde, Angebote zu entwickeln, die selbstbestimmt zu erreichen sind und dazu einladen, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und in einen Austausch zu gehen.
Zuletzt gingen die Studierenden auf das Thema „Gewünschte offene Angebote“ ein. Besonders interessant waren für die Befragten Bildungsangebote, musikalische und kreative Angebote, dicht gefolgt von Sport- und religiösen Angeboten. Auch die Gruppe der pflegenden Angehörigen wurde berücksichtigt. Als besonders entlastend wurden Angebote der Tagespflege, Nachbarschaftshilfe sowie Informationsveranstaltungen eingeschätzt. Der von der Sozialstation neu geschaffene Raum könnte also auch zur Unterstützung dieser Personengruppe beitragen. Außerdem gilt zu beachten, dass auch gastronomische Angebote im Sozialraum deutlich gefragt sind, dass Sportangebote Interessen wecken sollen und dass Hochaltrige (80+) besonderer Betreuung bedürfen.
Nach der Präsentation wurde eine Diskussionsrunde angeregt. Moderiert wurde diese durch die Geschäftsführerin Karin Eberth-Papp; sie betonte direkt zu Beginn erneut das Interesse des Vereins, mit der Gemeinde in Kontakt zu bleiben, um Ideen auszutauschen. Es kam trotz vorgerückter Stunde zu einem angeregten Austausch zwischen den Anwesenden. Anliegen waren u.a.:
1. Das Einführen neuer Angebote kann problematisch sein. Sie müssen von der Zielgruppe angenommen und besucht werden, was in der Vergangenheit in Bergtheim und Umgebung manches Mal schwierig zu gestalten war. Neue Angebote verliefen teilweise im Sand. Aus genau diesem Grund sollen jedoch neue und konkurrenzlose Angebote eingeführt werden, welche in dieser Form noch nicht im Sozialraum vorhanden sind.
2. Gruppierungen bilden sich im Raum häufig selbst, d.h. ohne institutionelle Unterstützung. Es sind private Zusammenschlüsse, die sich nach Interessen finden. Doch genau darin sieht der Verein auch Potential: der angebotene Raum des offenen Treffpunkts bietet sich für Interessengruppen und Zusammenschlüsse an, woraus sich wiederum neue, auf die Interessen der Gruppenmitglieder angepasste Angebote ergeben können. Zudem ist der Verein überzeugt, dass Menschen viel eher von Interessen und Neigungen als von ihrem Alter zusammengebracht werden, was den Mehrgenerationenvorsatz des Vereins erfüllt.
3. Zuletzt wurde angemerkt, dass es in der Gemeinschaft Menschen gibt, die „in einer Blase und [für Angebote] sehr schwer zu erreichen“ sind. Es ist bekannt, dass im Schnitt ein Drittel der Bevölkerung schwer erreichbar ist, wohingegen die restlichen zwei Drittel bereits engagiert oder mindestens interessiert sind. Hier wird also eine entsprechende Anregung notwendig, um dieses Drittel zu aktivieren. „Um neue Gruppen zu erreichen, brauchen wir Sie [die Akteure], weil Sie viel näher dran sind!“, sagte Karin Eberth-Papp dazu.
Armin Hackl, der die Veranstaltung schon eröffnete, schloss sie auch. Hierfür fasste er die wichtigsten Erkenntnisse aus der Sitzung des Abends zusammen. Es ginge dem Verein darum, auf Bedürfnisse und Bedarfe einzugehen; nicht darum, etwas zu ersetzen. Es bedarf eines offenen Raums in Bergtheim, um Menschen zusammenzubringen. Menschen müssen mobil(er) gemacht werden. Und zuletzt schaffte er Bewusstsein dafür, die Seniorenarbeit als Aktivierung lebenserfahrener Menschen zu betrachten, um sie im sozialen Leben zu halten.
Uns Studierenden der „Sozialen Arbeit in der alternden Gesellschaft“ bleibt jetzt noch, ein herzliches Dankeschön auszusprechen für die Beteiligung, die gute Kooperation und die daraus gesammelten wertvollen Lernerfahrungen sowie für das offene Entgegenkommen und die wertschätzende Zusammenarbeit mit dem Verein Caritas Sozialstation St. Gregor Fährbrück e.V.