Sozialpolitisches Engagement aus dem Homeoffice
Soziale Arbeit soll auf sozialpolitischer Ebene drei Rollen erfüllen, die des Sozialplaners, Lobbyisten und Aktivisten. (Früchtel et. al 2013). In diesem Sinne beteiligt sich Soziale Arbeit aktiv am sozialpolitischen Diskurs, um an der Bearbeitung von sozialen Problemen teilzunehmen.
Diese Aufgabe nimmt eine Gruppe Studierender der Sozialen Arbeit unter der Leitung von Professorin Theresia Wintergerst in einem fachwissenschaftlichen Forschungsseminar wahr. Die Studierenden setzten sich mit dem in Deutschland herrschenden Fachkräftemangel in Pflegeberufen und dessen Auswirkungen auseinander. Hierfür stand ihnen der virtuelle Raum via Videokonferenz zur Verfügung.
Der UN Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen überprüft in regelmäßigen Abständen, ob die Bundesrepublik Deutschland ihren sozialen Pflichten nachkommt. Diese ergeben sich aus der unterzeichneten UN -Menschenrechtskonvention. In dem zuletzt veröffentlichten Bericht über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sprach sich die Kommission sehr besorgt über den Zustand in der Altenpflege aus. Der Fachkräftemangel in Deutschland führt dazu, dass ältere Menschen in Pflegeheimen unter unwürdigen Bedingungen leben müssen. In diesem Zug wird die Republik dazu aufgefordert gerechte und attraktive Ausbildungsbedingungen in ihrem Land zu fördern. Deutschland muss zu diesen Empfehlungen des UN – Sozialpakts regelmäßig Stellung nehmen.
Eine Woche lang setzten sich die Studierenden mit der Unterstützung von Theresia Wintergerst, intensiv mit der brisanten Thematik auseinander und erarbeiteten eine Grundlage für ein gemeinsames Projekt. Vor dem Hintergrund des globalen Verhaltenskodex der WHO für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften, formulierte die Gruppe ethische Grundsätze und Kriterien, welche als Fundament der gemeinsamen Arbeit dienen. In diesem Dokument sprechen sich die Studentinnen und Studenten u.a. für Chancengleichheit, faire Arbeits- und Vertragsbedingungen, gerechte Ausbildungs-und Aufstiegsmöglichkeiten, soziale Unterstützung und zirkuläres Wissen auf internationaler Ebene aus, die sich aus einem zirkulären Verständnis von Migration ableitet.
Auf dieser Basis recherchierte die Arbeitsgemeinschaft, stand in einem regelmäßigen Austausch via Zoomkonferenz und trug Arbeitserkenntnisse und Ergebnisse zusammen. Dabei entstand für die Studierenden die Möglichkeit in kurzer Zeit einen breitgefächerten Eindruck über die Problematiken, die in Deutschland mit der Pflege in Verbindung stehen zu erhalten. Vier Kernbereiche konnten identifiziert werden, mit denen sich die Gruppe in den nächsten Monaten vertiefend beschäftigen wird. Zu benennen sind hier die Verfahren der regelmäßigen Überprüfung der UN – Berichterstattung zur Menschenrechtskonvention, die Zuständigkeiten der Pflegeausbildung auf Länderebene, die Ausbildung von internationalen Pflegefachkräften und deren Arbeitsbedingungen sowie der Aufbau eines nachhaltigen Personalstands für das Gesundheitssystem aus den eigenen Arbeitskräften in Deutschland. Um diese Bereiche genauer zu untersuchen, haben sich die Studierenden aufgeteilt und es entstanden 15 spezifische Forschungsfragen zu den jeweiligen Kernbereichen, die nun in Teams oder Einzelarbeit analysiert und bearbeitet werden. Es werden Dokumentenanalysen sowie Experteninterviews im Verlauf des Sommersemesters stattfinden. Jeder Studierende wird dabei auf der Grundlage seiner Ergebnisse eine Empfehlung formulieren, welche konkrete Vorschläge und Maßnahmen beinhaltet, um den unwürdigen Bedingungen in der Pflege entgegenzuwirken. Diese werden zusammengetragen und an die Zuständigen Ministerien in Bund und Ländern versendet. Damit sollen sie insbesondere den Zweck erfüllen als Anreiz zu fungieren, um an der weiterhin untragbaren Pflegesituation in Deutschland effektiv etwas zu verändern.
Die Studierenden erheben zugleich den Anspruch, Rückmeldungen zu dem Schreiben von den Angetragenen Personen und Ministerien zu erhalten.
Das Ziel des sozialpolitisch ausgerichteten Moduls und der Arbeitsgemeinschaft ist es, mit den gesammelten Erkenntnissen eine Stimme im Agenda- und Standardsetting darzustellen, um die genannten politischen Ziele zu erreichen sowie einen sozialpolitischen Beitrag zu leisten.