Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft: THWS im Lehrforschungsprojekt mit Erthal-Sozialwerk
Quantitative und Qualitative Forschungsmethoden lehren: Diese wissenschaftliche Säule hat sich der Masterstudiengang Soziale Arbeit an der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) auf die Fahne geschrieben. Nach Projekten mit dem St. Josefs-Stift Eisingen und der Integrationsplanung der Stadt Würzburg arbeitet die THWS nun in einem Lehrforschungsprojekt mit dem Erthal-Sozialwerk zusammen. Als Teil des Unternehmensverbunds Tatenwerk ist die gemeinnützige GmbH ein bedeutender Leistungserbringer in der Sozialpsychiatrie mit diversen Wohn- und Tagesstrukturangeboten.
Das Lehrforschungsprojekt widmet sich dem Thema Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft. „Nachhaltigkeit wird angesichts der Umweltkrisen immer wichtiger, und auch die Soziale Arbeit und die Sozialwirtschaft haben das erkannt“, erklärt Prof. Dr. Kulke von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften. „Es gibt ein weites Spektrum von Maßnahmen. Das reicht von nachhaltigen Finanzanlagen über nachhaltige Mobilität von Mitarbeitern bis hin zu nachhaltiger Lebensführung in Wohngruppen wie in jedem andern Haushalt auch.“
Mit dem Lehrforschungsprojekt sollen die Studierenden für eine empirische Masterarbeit und eventuelle empirische Dissertation fit gemacht werden. Auch in Lehrveranstaltungen werden qualitative Forschungsmethoden vertieft. Hierzu entwickelte der Modulverantwortliche Prof. Dr. Kulke ein Format, in dem die Studierenden in enger Zusammenarbeit mit einer Praxispartnerschaft eine Fragestellung von verschiedenen Seiten aus bearbeiten. Die Studierenden führen von der Entwicklung einer geeigneten Fragestellung über die Planung und Durchführung der Datenerhebung mit verschiedenen Materialien bis hin zur Datenauswertung und -interpretation und der Berichtabfassung eigene Forschungsprojekte durch.
Unterschiedliche Blickwinkel auf Nachhaltigkeit
Das Lehrforschungsprojekt beleuchtet Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven: Erforschen, welche Bedeutung diese bereits hat, welche Einstellungen und Verhaltensmuster vorliegen und wie das Erthal-Sozialwerk dabei weiter unterstützen kann. Hierfür wurden in enger Zusammenarbeit mit einem Praxispartner Bewohnende eines gemeinschaftlichen Wohnangebots, pädagogische Fachkräfte und Leitungskräfte mit verschiedenen Interviewformen befragt.
Dabei sei deutlich geworden, dass Nachhaltigkeit ein Ziel ist, jedoch oberste Priorität naturgemäß die Versorgung des zu betreuenden Personenkreises unter Maßgabe wirtschaftlicher Möglichkeiten sei. Dass Nachhaltigkeit ins Bewusstsein der Organisation eingedrungen sei, zeige sich dort, wo bei zwei Alternativen die nachhaltigere, naturnähere gewählt werde, zum Beispiel bei der Beschaffung von Lebensmitteln oder E-Autos, so Prof. Dr. Kulke. Natürlich seien dabei finanzielle Restriktionen der Leistungstragenden zu berücksichtigen.
Die befragten pädagogischen Mitarbeitenden zeigten überwiegend großes Interesse an Nachhaltigkeit. Sie legten in einer eigenen persönlichen Lebensführung Wert auf Nachhaltigkeit, wie durch Verzicht auf ein eigenes Auto und einen nachhaltigen Konsum generell. Dass es jedoch nicht einfach ist, Nachhaltigkeits-Maßnahmen auch erfolgreich umzusetzen, zeigt das Beispiel Elektrofahrräder. Sie stellen im ambulant unterstützten Wohnen eine sinnvolle und nachhaltige Alternative zu Dienstautos dar; allerdings müssen geeignete Stellplätze und Ladestationen eingerichtet werden. Bei solchen Fragen könnte zum Beispiel ein Arbeitskreis Mobilität Ideen entwickeln und weiterhelfen. „Die persönlichen Einstellungen pädagogischer Mitarbeiter dürfen selbstredend nicht den unterstützten Klientinnen und Klienten einfach ,übergestülptʼ werden. Hier gilt stets, die Autonomie der Klienten zu wahren“, resümiert Prof. Dr. Kulke.
Nachhaltig leben ist abhängig von finanziellen Mitteln
Es habe sich gezeigt, dass Nachhaltigkeit für Bewohnende von Wohngruppen überwiegend wichtig sei. Dies zeige sich etwa dadurch, dass eine Bewohnerin ihre Mitbewohnende dazu angehalten habe, biologisch produzierte Lebensmittel zu kaufen. Nachhaltigkeit fällt auch beim Kauf von Kleidung auf, so sei es selbstverständlich für diese Gruppe, Second-Hand-Kleidung im Rot-Kreuz-Laden zu kaufen – auch wenn dies stark abhänge von den individuellen finanziellen Situationen.
Mit diesen Gedanken wurde in dem Lehrforschungsprojekt die Klimagerechtigkeit sowie der Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und Nachhaltigkeit wichtig. Mit Verweis auf einen Bericht der Hilfsorganisation OXFAM Deutschland teilt Prof. Dr. Kulke mit, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung 2019 so viele Treibhausgase verursacht habe wie das ärmste zwei Drittel der Menschen. Ähnliches gelte für Deutschland.
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